An der Jahresversammlung der Schweizer KantonsärztInnen am 11. November 2022 in Brig wurde aus dem Französischen ins Deutsche und umgekehrt gedolmetscht. Im Weiterbildungsblock stellte Professor Hans Wolff, Leiter des Genfer Dienstes für Gefängnismedizin und -psychiatrie, einige wichtige Erkenntnisse aus seinem Buch „Santé en prison“ vor. Inhaftierte Personen sind von denjenigen, die sie beaufsichtigen, stark abhängig. Dies betrifft insbesondere ihre Gesundheit. Viele Gefängnisinsassen sind wegen Drogenmissbrauch verurteilt und häufig auch von Alkohol abhängig bzw. weisen psychiatrische Störungen auf. Eigentlich sollten sich diese Menschen sich nicht in einer Haft-, sondern in einer Entzugsanstalt befinden, doch an diesen mangelt es in der Schweiz (und in anderen Staaten). Die Gefängniswelt ist von Promiskuität, Stress, Spannungen und psychischen Leiden geprägt. Dies begünstigt aggressive Handlungen gegen andere Menschen und Selbstverletzungen bis hin zu Selbstmord. Die Überbevölkerung in den (West-) Schweizer Gefängnissen erhöht den Stress der Gefangenen und damit deren Gefährdung. Professor Wolff setzt sich für nicht der Justizhierarchie unterstellten medizinische Pflegekräfte ein, damit die Patienten im Gefängnis mehr Vertrauen zu den Betreuenden aufbauen und es keine Vermischung zwischen Pflege- und Aufsichtsaufgaben gibt. Die medizinische Versorgung sollte derjenigen der Allgemeinbevölkerung entsprechen. Ein Rechtsstaat hat eine menschenwürdige Unterbringung, eine bedarfsgerechte Ernährung und die Aufrechterhaltung von Kontakten zur Aussenwelt der Inhaftierten zu gewährleisten.

Santé en prison – Hans Wolff, Gérard Niveau – RMS éditions | Boutique Médicale Suisse (revmed.ch)